Von Friesland an die Schlei

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Auch die Niederlande begrüßten uns mit Regen, wenn auch dezenter als die Tage davor. Der Weg führte von Burlo 200 Kilometer nach Norden gen Friesland. Zum ersten Mal ist mir (geografisch dezent unterbelichtet) klar geworden, welche Distanzen wir  hier in Summe überwinden.

Der Campingplatz in Oudehorne (Friesland) ist ein wahres Kinderparadies. Pfaue begrüßten uns laut schreiend, Pferde und Schafe auf den Koppeln nebenan buhlten um Aufmerksamkeit und der für den Spielplatz würde bei uns wohl Eintritt verlangt.  Kind zufrieden- Mama und Papa entspannt – Ein Tag Pause vor dem nächsten „Auftritt“ von Berta und mir bei Flachsspinnerin Geeskegrietje van Dijk.

Flachs steigt in Friesland auf

Die Provinz Friesland ist die einzige, in der neben Niederländisch auch eine andere Sprache Amtssprache ist, das nahe verwandte Friesisch. Friesland war ab dem 18. Jahrhundert ein wichtiges Anbaugebiet von Flachs. Davor wurde immer in kleinem Maße Flachs angebaut. Seit dem Mittelalter kommt Leinen vorallem aus Flandern und Norddeutschland. Nach 1800 nimmt der Anbau sprunghaft zu. 1835 wurde auf 20% des friesischen  Ackerlandes Flachs an gebaut. Der Boom hielt jedoch nur 100 Jahre. Mit der billigeren Baumwolle, die übers Meer kommt sinkt die Nachfrage nach Leinen und nach dem Zweiten Weltkrieg ist es vorbei mit dem Flachsanbau in Friesland. Die verbleibende Produktion zieht nach Zeeland, wo bis heute Flachs angebaut wird.

Die Reste der ehemaligen Größe kann man heute noch im Norden der Provinz an der Küste erleben. Im Vlasmuseum It Braakhok und auf einer ganzen Flachsroute wird die Tradition mit Spinnvorführungen, Blaudruckern und blauen Feldern jedes Jahr aufs Neue erhalten. Leider hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht und statt eine Fahrt ins Blaue haben wir einen Regentag am Campingplatz verbracht- auch ganz fein. Außerdem hat mich Gea eingeladen und mir ihre Webstuhlsammlung, darunter einer aus dem 17. Jahrhundert,  gezeigt. Sie ist eine wunderbare Damastweberin und hat das Flachsspinnen noch von ihrer Oma gelernt. Sie liebt Leinen und Flachs. Einer ihrer größten Wünsche in diesem Zusammenhang ist es wieder friesisches Leinen zu haben. In diesem Zusammenhang tut sich auch einiges. Eine Gruppe von Enthusiasten baut auf einer Fläche von knapp über 20 Hektar wieder Flachs an, der auch einmal gesondert von einer Produktionsfirma in Zeeland verarbeitet wurde. Leider sind die Mengen die jedes Jahr produziert werden können (noch) zu gering, um diese Verarbeitung regelmäßig machen lassen zu können.

Grober Flachs und feiner Damast

Gea bezieht ihren Flachs aus Zeeland wo 91% des gesamten Niederländischen Flaches herkommt. Ich hoffe ja, wir kommen bei der Heimfahrt noch dort vorbei.

Der Workshoptag begann gleich mit einer technischen Zitterpartie. Der Beamer, der mit uns auf Tour ist, ist eine Diva und hat mich dezent Nerven gekostet aber am Ende hat er brav durchgehalten. 21 Leinen und Flachsbegeisterte Frauen lauschten den Geschichten von Bertas Flachs und wir verglichen Traditionen und Material. Feinen Damast aus dem 18. Jahrhundert, weit entfernt von dem groben Bauernleinen des Mühlviertels und doch ein und dieselbe Faser.  Berta hat aber auch hier neue Freundinnen gewonnen und die sind dann mit vollem Elan in Geas Flachs Kurs gestartet. Ich wäre sehr gern dabei geblieben, aber es lagen knapp 500 Autobahnkilometer vor uns. Zurück nach Deutschland an die Schlei, Deutchlands einziger Fjord, als Zwischenstation  vor unserem nächsten Grenzhüpfer nach Dänemark.

Morgen geht’s nach Haitabu, Europas größtem Hafen im Frühmittelalter.


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