Der verlorene Faden

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Flachs und Leinen gehören zur textilen DNA von Nordeuropa. Bis in die frühen 50er Jahre waren handgemachte Leinenstoffe in vielen Teilen des Kontinents neben Wolle die wichtigsten Rohstoffe für jegliche Art von einfacher Bekleidung. Heute findet man Leinen nur mehr als Randnotiz in der Textilindustie

Im 17. und 18. Jahrhundert war der Reichtum der Leinenhändler des Mühlviertels sprichwörtlich auch die Heimweber fanden ein bescheidenes aber nicht desto trotz attraktives Zusatzeinkommen. Leinenerzeugnisse aus dem Mühlviertel reisten per Pferdekutsche bis nach Italien, um dort ihre Käufer und Käuferinnen zu finden. Das drohende Ende der Flachs Ära in Österreich zeichnete sich jedoch schon um das Jahr 1919 ab. Nach dem Ende der Monarchie und der damit einhergehenden Verkleinerung eines einfachen Absatzwegs haben sich allein im Mühlviertel die Anbauflächen von 2900 Hektar auf 785 Hektar verkleinert (was allerdings immer noch 785 Hektar mehr waren als wir heute haben).

Während des zweiten Weltkriegs wurden in vielen lokalen Betrieben noch auf Hochtouren Uniformen produziert und parallel arbeiteten noch viele Heimweber an ihren Webstühlen, um die fehlenden Importe auszugleichen. 1952 wurde ein Gesetz erlassen, dass die Heimarbeit für Stück- oder Meterware gänzlich verbot. Gleichzeitig wuchs der Wunsch nach der billigeren Baumwoll- und Kunstfaser produkten in der Nachkriegszeit stark. Wollte man doch die entbehrungsreiche Kriegszeit rasch vergessen.

Keine Fahrt ins Blaue mehr

1960 gab es kaum noch einen Bauernhof vor dessen Toren die blauen Flachsblüten zu einer „Fahrt ins Blaue“ locken konnten. Mit der bäuerlichen Tradition verschwanden, zwar etwas langsamer, aber unaufhaltsam auch die vielen industriellen Webereien. Hatten österreichische Webereien 1955 das Land noch zu 88 Prozent versorgt, so waren es 1975 nur noch 53 Prozent. Heute stehen wir bei weniger als 10 Prozent. Auch die größte Weberei für Leinenerzeugnisse im Mühlviertel schloss 1999 ihre Tore.

Heute produzieren noch drei kleine Leinenwebereien im Mühlviertel hochwertige Leinenstoffe, sie beziehen ihr Rohmaterial zwar aus Europa, aber schon lange nicht mehr aus der Nachbarschaft. Insgesamt macht Leinen am Faserweltmarkt nur mehr 0,6 bis 1 Prozent aller verwendeten Fasern aus. Ein trauriger Niedergang eines einstmals so wertvollen Rohstoffs.


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