Das Viborg Hemd und ein nasses Ribe

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Regen, Sturm und Wikinger, das fasst unsere Dänemark Experience bisher gut zusammen. Ein Tief, dass sich gewaschen hat, hält die Inseln fest im Griff und sorgt für waagrechten Regen und mehr als ungemütliche Temperaturen. Da will man gar nicht raus aus dem Bus, geschweige denn hunderte Kilometer bei bedenklichen Straßenverhältnissen fahren, also fiel unser angedachter Besuch beim Textilmuseum Herning und im Freilichmuseum  Den Gamle by ins Wasser – fürs erste (vielleicht geht es sich ja am Rückweg aus).

Das Ribe Viking Center lag jedoch auf dem Weg Richtung Schweden, darum haben wir hier auch einen Stopp eingelegt und das hat sich wirklich gelohnt.

Das weitläufige Gelände ist liebevoll gestaltet und authentisch belebt. Dargestellt wird Dänemarks älteste Stadt zwischen 710-980 AD. Man spaziert über den Marktplatz, kann am Hafen Station machen und verschiedene Wikingerhäuser besuchen – was auch nötig war wegen des waagrechten Regens.

Obwohl der textile Schwerpunkt eindeutig auf Wolle lag, gab es immer wieder auch Hinweise auf das Flachs- und Leinennutzung. Unter anderem wurde ich hellhörig beim Projekt „Viborg Hemd“ - eine Leinen Tunika, gefunden bei Ausgrabungen einer Siedlung aus dem 11. Jahrhundert in Viborg Søndersø, die sehr gut erhalten war und ein einzigartiges Leinenfundstück in Europa darstellt. An mehreren Orten in Dänemark wurden spezielle Plätze gefunden, wo man Flachs in beinahe industriellem Maßstab produziert hat. Flachs war auch eine Handelsware in der Wikingerzeit.

ArchäologInnen und Freiwillige haben das Kleidungsstück vom Samen weg nachgearbeitet und ihre Arbeitsstunden sowie Arbeitsschritte dokumentiert. Hier kann man das Paper nachlesen https://www.ribevikingecenter.dk/media/10424/Flaxreport.pdf

Das Experiment in Zahlen:

Anbau: 56 m2

Ernte: 54 Kilo

Nach dem Trocknen und Riffeln: 25 Kilo

Nach dem Brechen und Schwingen: 4,25 Kilo

Nach dem Hecheln bleiben 2 Kilo Langflachs und 2,25 Kilo Werg übrig

Für das Hemd fanden schließlich 750 g Garn Verwendung, das in knapp 200 Stunden mit der Handspindel gesponnen und in 107 Stunden verwoben wurde was über 80% der Gesamtarbeitszeit ausmachte.

Die ForscherInnen betonen, dass es sich hierbei um ihr Experiment handelt und der ganze Prozess mit steigender Fertigkeit und Erfahrung beim Anbau und der Fasergewinnung natürlich auch anders ausfallen kann.

Ich stell mir jetzt laienhaft vor, dass eine Frau 900 AD vielleicht drei oder vier Stunden am Tag erübrigen konnte, um zu spinnen oder weben. Das würde bedeuten, dass das Viborg Hemd für eine kleine Person 75 bis 100 Tage in Anspruch nahm – Anbau und Fasergewinnung nicht mitgerechnet. Was für eine Leistung!


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